Willkommen bei der Kandertalbahn - Historische Dampfzüge zwischen Haltingen und Kandern
Ein unvergleichlicher Geruch aus Kohle und heißem Stahl breitet sich aus. Überall zischt und dampft es. Aus der Feuerbüchse steigt eine stechende Hitze hervor. Drückend steht die Wärme im Führerstand.

Ein kurzes ohrenbetäubendes Geräusch ertönt, Rauch und Dampf steigt empor und der Stahlgigant setzt sich mühsam und schleppend in Bewegung. Der Boden scheint zu zittern und eine Familie beobachtet von der Straße aus, wie sich knapp 70 Tonnen Stahl in Gang setzen. Wir befinden uns auf der Strecke zwischen Haltingen und Kandern im Süden Deutschlands, im Markgräflerland.
Von allen Seiten hört man die Kinder Fragen stellen und die Eltern und Großeltern versuchen, Rede und Antwort zu stehen

Noch eine Stunde zuvor schlendern die Leute neugierig auf dem Bahnsteig hin und her. Einige halten ihre Kamera stets vor sich, andere unterhalten sich angeregt. Von allen Seiten hört man die Kinder Fragen stellen und die Eltern und Großeltern versuchen, Rede und Antwort zu stehen. Der Bahnsteig ist stark belebt. Das ist nicht jeden Tag der Fall - eigentlich nur sonntags. Einige Leute stehen noch vor dem Ticketschalter, andere staunend am Gleis, wiederum andere sitzen bereits in einem der Wagons und warten auf den Beginn der Reise. Doch die meisten tummeln sich am vorderen Ende herum.
Stimmungsvoll und erhaben steht hier, auf dem einzigen Bahngleis in Kandern, eine fahrbereite Dampflok. Die Lok 378.78. Lokführer Willy schaut aus seinem Führerstand und begrüßt seine Mitreisenden freudig mit einem Lächeln. Den Kindern hilft er hinauf, um ihnen seine Arbeitsstätte zu zeigen. Der Schaffner läuft kontrollierend auf und ab. Der Heizer gibt den Rädern der Lok noch einen letzten Schliff und der Barmann trifft die letzten Vorbereitungen für die Verköstigung seiner Gäste.
Zwischen 500 und 800 Kilogramm Kohle wird auf der Hin-und Rückfahrt für die insgesamt 26 Kilometer Fahrstrecke benötigt
Doch zurück auf die Gleise. Mit ungefähr 30 km/h pro Stunde schlängelt sich der Dampfzug durch die Markgräfler Region. Jede Unebenheit der Schienen ist deutlich spürbar und rüttelt die Fahrgäste ein wenig durch. Vorbei an der Wolfsschlucht, wo Bäume die Bahnstrecke umhüllen, der Kander - der Bach, der dem Tal und der Bahn ihre Namen gab -, Feldern und kleinen Dörfern.

„Bis zu 65 km/h kann der Zug fahren, doch die Geschwindigkeit auf dieser Strecke ist auf 30 km/h beschränkt“, berichtet der Heizer Frank Bauer. Alle paar Minuten öffnet und schließt der Lokführer die Luke der Feuerbüchse und Frank Bauers Schaufel bewegt sich zwischen dieser und dem Schlepptender, dem mit Kohle gefüllten Vorratswagen, hin und her. Zwischen 500 und 800 Kilogramm Kohle wird auf der Hin-und Rückfahrt für die insgesamt 26 Kilometer Fahrstrecke benötigt. Der unterschiedliche Verbrauch hängt von der Fahrweise und der Teamarbeit ab. Doch der Zusammenhalt ist nicht nur im Führerstand von großer Bedeutung.
Die Mitarbeiter des Vereins Kandertalbahn e.V. leisten ehrenamtlich ihren Beitrag zum Erhalt der Museumsbahn
Samstags um elf Uhr morgens herrscht in den beiden Schuppen, wo die Loks und die Wagons untergebracht sind, bereits reges Schaffen: es wird geschliffen, geschweißt, geschmiert, geputzt und kontrolliert. „Wir sind wie eine große Familie, alle müssen am gleichen Strang ziehen“, sagt Frank Bauer freudestrahlend. Denn die Mitarbeiter des Vereins Kandertalbahn e.V. leisten ehrenamtlich ihren Beitrag zum Erhalt der Museumsbahn. Ob jemand einmal im Monat kommt oder regelmäßig dabei ist, ob Jung oder Alt, ob Mann oder Frau: man ist auf jeden angewiesen.

Besonders wichtig ist es, dass die langjährig Erfahrenen ihr Wissen an den Nachwuchs weitergeben. „Wir waren so die Letzten die das Handwerk noch von den alten Praktikern, die das täglich gemacht haben, übernehmen konnten. Heute versucht man dies an die Jungen weiterzugeben. Denn lernen kann man das sowieso nirgends mehr“, betont Kurt Nacht. Er ist schon seit 1969, ein Jahr nachdem die Museumsbahn in Betrieb genommen wurde, mit dabei und schwelgt in Erinnerungen: „Am Anfang hatten wir keine müde Mark übrig, da musste man versuchen alles unter der Hand zu bekommen ... Damals hätte man sich nicht träumen lassen, dass man mal soweit kommt wie heute.“
Bis 1986 gehörte alles noch der Südwestdeutschen Verkehrs AG (SWEG), erst danach wurde die „Chanderli“ eine eigenständige Bahn

„Mit Putzen fängt man an“, erklärt Kurt Nacht lachend, „danach zugucken und fleißig mitarbeiten.“ Hat man ein gewisses Talent, kann man nach einigen Jahren Mitarbeit die Ausbildung zum Heizer beginnen, auch Damen. Mit den Erfahrungen als Heizer kann man später auch die Ausbildung zum Lokführer machen. Doch das ging in der Vergangenheit nicht immer. Bis 1986 gehörte alles noch der Südwestdeutschen Verkehrs AG (SWEG), erst danach wurde die „Chanderli“ eine eigenständige Bahn und konnte eigene Leute ausbilden. Auch der Lokschuppen gehörte der SWEG, die Fahrzeuge standen somit im Freien und man musste darauf achten, dass sie nicht total verrosten. „In Ausnahmefällen durften wir den Schuppen benutzen, wenn man zum Beispiel für Reparaturen in die Grube runter musste. Gegen eine Kiste Bier ließ sich da manchmal was machen“, erzählt Kurt Nacht ausgelassen. Heute gehören dem Verein zwei große Schuppen, und sie sind in der glücklichen Lage manche Arbeiten auch extern an Firmen vergeben zu können. Die Faszination liegt für Kurt Nacht in der Restauration und Reparatur: „Man kann einen alten Mist wieder funktionsfähig machen“, und damit dreht er sich wieder zu seiner Schleifmaschine um und setzt seine Arbeit fort.
Früher ist die Bahn zwischen Basel und Kandern gefahren und auch die Fahrgäste waren überwiegend aus der Schweiz

Mittlerweile steht die Hitze im Führerstand. Draußen sind es knapp 30° C. Innen kann es schnell mal zwischen 50°-60°C heiß werden. Frank Bauer nimmt immer wieder seine Kappe ab und schaut aus dem Fenster. Der Gegenwind kühlt ihn etwas ab. „Suuuubr“, brüllt er in regelmäßigen Abständen. Brüllt er super? Was ist super? „Nein, ich sage sauber. Ich teile dem Lokführer mit, dass die Strecke auf meiner Seite frei ist“, erklärt er lächelnd. Doch alemannisch, der hier gesprochene Dialekt, ist das nicht. Denn fast alle Mitarbeiter kommen aus der Schweiz. Früher ist die Bahn zwischen Basel und Kandern gefahren und auch die Fahrgäste waren überwiegend aus der Schweiz. Doch mittlerweile hat es sich ausgeglichen und die 1500-2500 Fahrgäste jeden Sonntag kommen sowohl aus der Schweiz als auch aus Deutschland. „Wenn ich hier durch die Stadt Kandern laufe, kenne ich fast alle und fühle mich eigentlich hier zu Hause“, erzählt Frank Bauer etwas bedächtig und fügt an: „Unter der Woche schlafe ich in der Schweiz, doch sobald ich frei habe oder Wochenende ist, fahre ich hierher und übernachte im Mannschaftswagen“.
"Würden die Wagons reden, könnten sie uns Geschichten aus dem gesamten letzten Jahrhundert erzählen“

Roland Greiner ist seit 1978 dabei: „Ich bin das Mädchen für alles“, sagt er und grinst. Heizer, Schaffner und Barmann. Alles hat er schon gemacht. Nur Lokführer wollte er nie werden. Dafür hält er ab und an eine kostenlose Lokschuppenführung. Erzählt die Geschichte der Bahn, erklärt die Funktionsweise der alten Dampfzüge und stellt die Loks und Wagons vor. „Denn würden die Wagons reden, könnten sie uns Geschichten aus dem gesamten letzten Jahrhundert erzählen“, merkt Greiner an. Während der Führung hält er einen weißen Ordner in der Hand, bestückt mit vielen Bildern von früher und heute. Er klappt ihn zu und verabschiedet sich dankend.