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Alemannische Fasnacht

Wesen mit riesigen, hölzernen Fratzen in bunten, ausgefallenen Gewänder stürmen durch die Straßen, machen Lärm, schlagen Peitschen, springen auf Jung und Alt zu, starren kurz, springen weiter. Die Luft ist getränkt von Glöckchengeläut, Trommelschlägen, von Blasmusik und Geschrei. Es ist, als würde die Welt Kopf stehen in den Gemeinden des Markgräflerlands zwischen dem Dreikönigstag und dem vierzigsten Tag vor Ostern.

Alemannische Fasnacht 1
Fasnetsumzug im Markgräflerland (© Dirk Dölker)

Es ist Fasnet, die alemannische Fastnacht, die mit dem mondänen Karneval des Rheinlands nur wenig zu tun hat. Denn die Wurzeln der Fasnet reichen nicht nur bis ins 19. Jahrhundert sondern können bis ins frühe Mittelalter verfolgt werden.

Bevor die Fastenzeit begann, setzten es sich die Alemannen damals zum Ziel, alle verderblichen Lebensmittel aufzubrauchen und inszenierten dazu ein Fest, das bis heute seinesgleichen sucht. „Der tüfel hat das spiel erdacht“, gestand Sebastian Brant bereits 1494 in seinem Buch „Narrenschiff“ ein.

Die Fasnetszeit galt im Mittelalter als die Zeit, in der der Teufel regierte bevor mit der Fastenzeit Gott wieder die Herrschaft übernahm. Der Narr mit Torenkappe und schellenbehangenen Eselsohren galt damals noch als Symbol des Ungöttlichen. Zu Sebastian Brants Lebzeiten sorgte man sich vor dem Ende der Christenheit. Und so schlüpften im Markgräflerland und anderswo die Männer in Narrenkostüme, um das Narrendasein zu spielen und wohl eine kleine Vorstellung davon zu gewinnen, wie eine vom Teufel regierte Welt aussehen könnte.

So dunkel die Vorgeschichte, so bunt ist die fünfte Jahreszeit heute

Alemannische Fasnacht 2
Handgeschnitzte Teufelsmaske (© Dirk Dölker)

Denn die unzähligen Narrenzünfte haben alle ihre eigenen Masken und Gewänder. Die Neuenburger Fasnet wird erstmalig vor fast 550 Jahren urkundlich erwähnt. Seit 1462 wüten hier die Narren. Das zeigt sich auch noch heute in der vielfältigen Fasnetskultur. Die heutigen Markgräfler Fasnetsvereine und –zünfte haben sich fast ausnahmslos im 20. Jahrhundert gegründet. Denn der Fasnetsbrauch wäre mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert fast verloren gegangen. Erst als das Kölner Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert begann, die Fastnacht wieder auszurichten, besannen sich die Badener auf ihre alten Bräuche zurück.

Und so sehr die Markgräfler den Kölner Karneval heute missachten, so sehr sind sie ihm doch zu Dank verpflichtet. Denn ohne ihn wäre vermutlich niemand auf die Idee gekommen, 1938 die „Rhiischnogge“, eine Fasnetszunft nach alter Tradition, zu gründen. Seither hört man in Neuenburg den Narrengruß „Schnoog-Schnoog-Quack-Quack“. Er wird von den „Rhiischnogge“ gerufen, einer Truppe im dreifarbigen Gewand, hierzulande „Häs genannt“, mit dem gelb-roten Neuenburger Wappen auf der Brust und mit Glöckchen verziert. Dazu eine handgeschnitzte Holzmaske mit langer Nase und Fliegenaugen, die aus der Stirn herausragen. Alljährlich werfen sich 70 aktive Vereinsmitglieder in ihr Häs und feiern inbrünstig das Fasnetsfest.

Etwas jünger, dafür aber sogar international aktiv, sind die Burghexen Neuenburg. Mit ihren hölzernen, furchterregenden Masken und ihren Hexenkitteln sorgen sie seit den 1980er Jahren auf Umzügen für Furcht und Schrecken. Jährlich sind die Hexen in Feldkirch, Österreich unterwegs und umtanzen auch dort ihren stattlichen Teufel, der die kleinen, kessen Hexen bei den Umzügen zusammenhält. Die Neuenburger Narrenvereine sind alle untereinander befreundet und so wundert es nicht, dass bei dem einen oder anderen Treffen die Rhiischnogge, die Burghexen und die Zigeunerclique, eine bunte Truppe, die sich das fahrende Volk zum Motiv genommen hat, gemeinsam auf die fünfte Jahreszeit anstoßen. Auch außerhalb von Neuenburg gibt es eine bunte Fasnetstradition.

In Lörrach führen die Narren beim „Dällerschläg“ einen Rundtanz um einen großen Holzteller auf. Auf ihm findet sich nicht nur das Lörracher Fasnachtssymbol sondern auch Schnecken aus Schlagsahne, die die Narren abschlecken müssen. In einem Sahnehäufchen ist eine goldene Schnecke versteckt und wer diese findet, wird zum „Zundelkönig“. Zundeln – so heißen die Lörracher Narren in ihren voluminösen Kostümen, die an die schuppige Haut eines Drachen erinnern. Die rot-grün-gelben Gewänder werden in mühevoller Kleinarbeit aus rund 1.500 Filzplätzchen zusammengenäht. Die Narrenzünfte wählen in jedem Fasnetsjahr eine Losung, die wo es geht gebrüllt wird. Die letzte Losung der Lörracher lautete „Wenn me des gewüsst hätt“.

Hochtag der Fasnet: der „schmutzige Dunschdig“

Alemannische Fasnacht 3
Guggenmusiker (© Dirk Dölker)

Dass das Ende der Fasnet vor nur 100 Jahren gerade so abgewendet werden konnte, können sich die Markgräfler jedoch heute kaum noch vorstellen. Am Hochtag der Fasnet, am schmutzige Dunschdig, sind hier alle auf den Beinen. Der Donnerstag vor Aschermittwoch wird bis heute genutzt, um für knapp eine Woche die Obrigkeit zu entmachten. Früher gestatteten die Fürsten ihren Untertanen, selbst Gericht zu halten. Noch heute finden diese sogenannten „Narrengerichte“ mancherorts statt.

Aber besonders tritt die Machtübernahme der kleinen Leute zutage, wenn sie die Bürgermeister in Gewahrsam nehmen und den Stadtschlüssel sowie das Stadtsäckel konfiszieren. Der schmutzige Dunschdig soll schon die eine oder andere Ehe nahe ans Zerbrechen gerückt haben. Denn wenn der Markgräfler erst mal in den Sog der Fasnet gelangt, findet er den Weg nachhause so schnell nicht wieder.

Trotz vieler Verbote des Fasnetstreibens seit seiner Entstehung – den Alemannen ihr wohl größtes und einflussreichstes Fest zu nehmen, scheint unmöglich. Fasnet, das ist, wenn sich Historie mit Moderne, Schrecken mit Heiterkeit und Brauchtum mit Popkultur verknüpft und so zu einer Mischung wird, die es so wohl kein zweites Mal in der Welt gibt.

Die Fasnet endet traditionell mit ihrer Verbrennung. Durch Staufen und Neuenburg ziehen am Aschermittwoch Fackelprozessionen. Die vorher so fröhlichen Narren tragen würdevoll die Fasnet zu Grabe und verbrennen die Fasnetssünden in einem großen Feuer. Von da an ruht die närrische Zeit, bis sie im darauf folgenden November langsam wieder aufersteht und das närrische Treiben in den Dörfern des Markgräflerlands wieder seinen Anfang nimmt.

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